Wissenschaftlich Kekse backen

Das Backen von Keksen ist für viele eine Wissenschaft: Sollen Lebkuchen mürbe oder fest sein, Schokokekse knusprig oder weich? Die einen schwören auf geheime Zutaten, mehr oder weniger Beimengungen von Butter oder Mehl, soll man den Teig rollen oder ziehen, usw. Jeder macht es auf seine Art. Aber wie bekommt man seine Kekse genau so hin, wie man sie am liebsten mag? Man experimentiert mit den Zutaten oder ändert die Technik. Für mich klingt das nach Wissenschaft!

Backen ist Chemie

Butter ist eine Emulsion

Wenn man das Backblech in den heißen Ofen schiebt, startet man damit eine ganze Reihe an chemischen Reaktionen, wodurch die eine Substanz, Teig, in die andere, Kekse, verwandelt wird. Welche Reaktionen wann eintreten, hängt nur von der Temperatur ab.

Erreicht der Teig 33 °C, schmilzt die Butter in seinem Inneren, wodurch der Teig flach auseinander fließt. Butter ist eine sogenannte Emulsion, ein Gemisch aus zwei Substanzen, die eigentlich nicht zusammenbleiben wollen; in diesem Fall Wasser und Fett (siehe Grafik). Wenn die Butter schmilzt, wird das Wasser in ihr freigesetzt und in die Teigmasse abgegeben. Mit zunehmender Hitze dehnt sich das Wasser zu Dampf aus und drückt von innen. Die Dampfblasen versuchen durch die Außenhaut des Teigs zu entkommen und blähen ihn ungleich auf.

Sind Eier dabei? Sie mögen Salmonellen enthalten haben. Österreichweit ist schätzungsweise jeder fünfte Mensch Salmonellenträger, und der Großteil hat sie über Eier erhalten. Salmonellen sind außerhalb des menschlichen Körpers wochenlang lebensfähig und überleben sogar Frost. 58 °C ist aber zu heiß für sie. Wenn der Teig diese Temperatur erreicht, sterben Salmonellen. Also nie vom rohen Teig naschen, auch wenn er noch so einladend aussieht! Mit 62 °C setzen Änderungen bei den Proteinen ein, welche überwiegend von den Eiern in der Teigmasse stammen. Eier enthalten Duzende verschiedene Arten an Proteinen (umgangssprachlich Eiweiß genannt), und jede ist auf eine andere Temperatur sensitiv. In einem Ei frisch von der Henne schauen diese Proteine wie verworren aufgewickelte Fäden aus. Werden sie Hitze ausgesetzt, breiten sie sich zu langen Strängen auseinander und verheddern sich so mit ihren Nachbarn. Diese vernetzte Struktur lässt das Ei gerinnen und gibt dem werdenden Keks eine feste Substanz.

Bei 100 °C siedet das Wasser, und wie ein Stück Schlamm in der Sonne, trocknet das Keks aus, verhärtet und bildet Risse auf seiner Oberfläche. Die Dampfbläschen, die im Inneren brodelten, verflüchtigen sich und hinterlassen kleine Luftbläschen, welche den Keks leicht und flockig werden lassen. In vielen Rezepten ist ein wichtiger Bestandteil Natriumhydrogencarbonat, NaHCO3, oder besser bekannt als Backpulver. Es reagiert mit Säuren im Teig, aber auch auf die Hitze und zersetzt sich unter Abgabe von Kohlendioxid, CO2, wodurch noch mehr Luftbläschen entstehen und das Keks noch flaumiger wird. Jetzt ist das Keks schon fast fertig und wartet darauf, gegessen zu werden.

Die richtigen Zutaten machen's aus.
Es macht einen Unterschied, ob Butter gekühlt, mit Zimmertemperatur oder flüssig beigemengt wird.
Die wichtigsten Zutaten: Mehl und Butter

Maillard-Reaktion und Karamellisierung

Doch noch fehlt die wohlschmeckendste Reaktion der Wissenschaft. Bei 154 °C beginnt die sogenannte Maillard-Reaktion (benannt nach dem französischen Naturwissenschaftler Louis Camille Maillard). Maillard-Reaktionen finden statt, wenn sich Protein- und Zuckermoleküle zersetzen und sich zu verknüpften, ringförmigen Strukturen umgestalten, welche Licht stark reflektieren und den Keksen ihre braune, manchmal auch glänzende Oberfläche verleihen. Wenn man ins Rohr sieht und erkennt, dass das Backwerk nun schön braun geworden ist, dann hat die Maillard-Reaktion stattgefunden. Diese chemische Reaktion beeinflusst übrigens Geschmack, Geruch und Aussehen vieler Lebensmittel, wie zB Schweinsbraten, Röstprodukte, Pommes frites, Brot, Toast oder Steaks.

Aber lassen Sie die Kekse noch im Ofen. Denn erst ab 180 °C findet die letzte Reaktion im Keks statt: Karamellisierung. Karamellisierung passiert, wenn Zuckermoleküle bei großer Hitze auseinander brechen und jene so charakteristisch süßen, nussigen und leicht bitteren Aromastoffe erzeugen, die nach Karamell riechen. Karamellisierung findet bis 200 °C statt, höhere Temperaturen haben keinen positiven Einfluss mehr auf unser Backerzeugnis. Denn ab 204 °C verflüchtigen sich die meisten anderen Stoffe und nur mehr Kohlenstoff, welcher ein zentraler Baustein aller organischen Substanzen ist, bleibt zurück, verklumpt, bildet Ruß und andere, ungesunde Stoffe. Unsere Kekse sind verbrannt.

Die Maillard-Reaktion lässt Kekse braun und wohlschmeckend werden.
Und so soll es am Schluss aussehen. Fröhliche Weihnachten!

Will man also weiche, flaumige Kekse, sollte man das Backrohr nur auf 150 °C stellen. Sollen sie eine schöne, braune Farbe erhalten und voller schmecken, dann sind 175 °C ideal. Will man das volle Programm, sollte man auf 200 °C gehen. Vielleicht probierst du es beim Backen einfach mal aus?

Zum Schluss möchte ich noch auf den Einfluss eingehen, den Butter auf Kekse hat; besser gesagt, welchen Einfluss die Temperatur der Butter hat. Verwendet man Butter direkt aus dem Kühlschrank, setzt sie ihrem Schmelzen einen größeren Widerstand entgegen. Und wenn sich die Backtemperatur rasch erhöht, kann es sein, dass die Proteinveränderung bereits einsetzt und den Keks quasi konserviert. Es bleibt dann fester und kleiner, weil es nicht auseinander fließen kann. Nimmt man dagegen geschmolzene Butter, erzeugt das einen viel flüssigeren Teig und das Keks wird dünner und größer.

Und wenn dir beim Lesen nun das Wasser im Mund zusammengelaufen ist, dann fang gleich an, den Teig zu mischen. Wissenschaft kann ziemlich süß sein!

Interessante Links zum Thema

Emulsion: Emulsion genauer erklärt

Maillard-Reaktionen: Wikipediaartikel zu den Maillard-Reaktionen

 

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2 Antworten zu “Wissenschaftlich Kekse backen

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