Gibt es eine wissenschaftliche Erklärung für den Stern von Bethlehem?

Jeder kennt die Weihnachtsgeschichte, jeder hat von jenem Stern gehört, der im Osten erschien und die drei Weisen zum Jesuskind führte. Aber was war dieser Stern? Oder war es überhaupt ein Stern? Ist in der Geschichte ein tatsächliches, astronomisches Phänomen beschrieben, oder handelt es sich bloß um eine fiktive Ausschmückung der Weihnachtserzählung? Berühmte Naturwissenschaftler wie Johannes Kepler, Edmond Halley und Isaak Newton versuchten schon vor Jahrhunderten, diese Frage zu beantworten. Aber die Lösung des Rätsels ist komplizierter als man meint.

Komet

Zuerst einmal musste dieses himmlische Geschehen ein ungewöhnliches Ereignis gewesen sein, eines, das nicht ohnehin täglich am Nachthimmel zu beobachten war. In jenen Tagen waren die Menschen viel mehr mit den Sternen vertraut. Da es noch keine modernen, technischen Hilfsmittel gab, benutzten sie sie für die Navigation, als Kalender und als eine Möglichkeit, Geschichten zu erzählen. Und dieses Ereignis durfte nicht nur kurze Augenblicke oder wenige Stunden gedauert haben, sonst wäre es kaum erwähnenswert gewesen. Meteorschauer fallen als Erklärung daher schon einmal weg. Meteore sind nichts anderes als das, was man landläufig Sternschnuppen nennt. Sie sind nur sekundenlang zu sehen, wenn kleine Stücke eines Meteoroidens in die Erdatmosphäre eintauchen und in ihr verglühen.

Kometen können dagegen monatelang am Himmel sichtbar bleiben. Doch aus kulturhistorischen Gründen ist das fast auszuschließen, denn Kometen galten immer als Vorboten des Todes und der Zerstörung. Daher wird wohl kaum ein Komet für ein freudiges Ereignis, welches die Geburt Jesu im christlichen Kulturkreis darstellt, herangezogen worden sein.

Wissenschaft benötigt Daten

Mit unseren heutigen Kenntnissen in Astronomie, Himmelsmechanik und moderner Computertechnologie lässt sich recht einfach berechnen, wie der Sternenhimmel vor 2000 Jahren ausgeschaut hat. Wir wissen, wann wo ein Komet wie lange zu sehen war, wie die Sternenkonstellationen gewesen sind, wo Venus, Mars, Jupiter usw. gestanden sind, oder wann eine Sonnenfinsternis stattgefunden hat. Es existiert sogar gratis Astronomiesoftware, die sich jeder herunterladen kann, um das selbst nachzuprüfen.

In der Wissenschaft braucht man Daten. Es ist daher sehr wichtig zu wissen, wann man nachschauen soll. Kein Historiker weiß exakt, wann der historische Jesus von Nazareth geboren worden ist. Zwar gibt es heute eine klare Trennung zwischen „vor“ und „nach Christi Geburt“, doch dieses Jahr 1 ist erst fünfhundert Jahre später relativ willkürlich fixiert worden. Jene Volkszählung, wegen der Joseph und Maria von Nazareth nach Bethlehem zu gehen hatten, fand im Jahr acht vor unserer Zeitrechnung statt. Und König Herodes, der bekanntlichermaßen eine wichtige Rolle in der biblischen Erzählung spielte, war bereits vier Jahre vor unserer Zeitrechnung gestorben. Historiker gehen unter anderem deswegen davon aus, dass Jesus nur zwischen acht und vier Jahren vor unserer Zeit geboren sein kann – und keineswegs im Jahr „Null“. Welche astronomischen Ereignisse fallen nun in diesen Zeitraum?

Chinesische Quellen sprechen von einem Kometen. Aber der erschien ungefähr 12 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Außerdem kann man wegen der zuvor genannten Gründe Kometen so gut wie ausschließen. Eine Supernova wäre ein weiterer Kandidat für die Rolle des „Sterns von Bethlehem“. Wenn ein Stern an das Ende seiner Lebenszeit gelangt, tritt er je nach Größe und Masse eher ruhig oder spektakulär mit einem großen Knall von der Bühne. Hatte ein Stern mehr als die achtfache Masse unserer Sonne, wird er als Supernova enden. Dieses katastrophale Ereignis ist mit einem deutlichen Helligkeitsausbruch am Himmel verbunden. Für einige Zeit leuchtet der Stern millionenfach heller als normal. Das macht die Supernova auch über astronomisch große Distanzen klar sichtbar. Manche Supernovae sind so hell, dass sie sogar tagsüber zu sehen sind. Als der Astronom Johannes Kepler 1604 eine Supernova beobachtete, glaubte er, dass der „Stern von Bethlehem“ ein solches Ereignis gewesen sein könnte. Bisher wurde jedoch kein Beweis gefunden, dass eine Sternexplosion tatsächlich in der fraglichen Zeitspanne stattgefunden hatte. Eine Supernova verschwindet nämlich nicht spurlos. Explodiert ein Stern, stößt er den größten Teil seiner Gas-Masse in das All ab. Das ausgestoßene Material der Supernova erreicht dabei Geschwindigkeiten von Millionen Kilometern pro Stunde. Hätte es damals eine Supernova gegeben, könnte man diese Gaswolken, die ein charakteristisches Muster bilden, immer noch sehen.

Große Konjunktion von Jupiter und Saturn
Der Krebsnebel, Überrest einer Supernova vom 4. Juli 1054

Größte Konjunktion

Wahrscheinlich war es eine Konjunktion. Als Konjunktion wird die scheinbare Begegnung zweier Planeten oder eines Planeten mit Sonne oder Mond bezeichnet. Besonders eindrucksvoll ist das Zusammentreffen von Jupiter und Saturn am Nachthimmel, welches man als Große Konjunktion bezeichnet. Sie tritt etwa alle 20 Jahre ein. Weil die beiden hellen Planeten wegen ihrer großen Entfernung zur Erde nur langsam über den Sternenhimmel wandern, stehen sie wochenlang nahe beisammen. Betrachte die obige Grafik: Von der Erde aus gesehen scheinen die beiden Planeten Jupiter und Saturn eng nebeneinander zu stehen, obwohl sie in Wirklichkeit hunderte Millionen Kilometer voneinander entfernt sind. Tritt eine besondere Konstellation ein, können sich ihre jährlichen Planetenschleifen fast decken und sie begegnen sich während einiger Monate sogar dreimal. Diesen seltenen Sonderfall nennt man Größte Konjunktion. Ihr Auftreten ist sehr selten und besitzt keine Regelmäßigkeit. Das letzte Mal war die Größte Konjunktion 1981. Die nächste Größte Konjunktion findet erst wieder 2238/39 statt. Durchschnittlich tritt sie nur alle 250 Jahre auf. Auch in den Jahren 7 bis 6 vor unserer Zeitrechnung gab es dieses besondere Ereignis im Sternbild Fische. Daher vermuten die meisten Astronomen und Historiker, dass der „Stern von Bethlehem“ eine Größte Konjunktion gewesen sei. Jupiter steht in der Vorstellung der damaligen Zeit für einen König, Saturn für das Volk der Juden und das Sternbild der Fische als letztes Sternbild in den Tierkreiszeichen für den Anbruch der Endzeit.

Nachstehend eine Computersimulation, welche ich mit dem Freeware Programm Stellarium erstellt habe. Sie zeigt den Sternenhimmel im Jahre 7 / 6 vor unserer Zeitenrechnung. Blick von Babylon nach Westen.

Blick von Babylon nach Westen
Computersimulation der Großen Konjunktion im Jahr 7 vor Christi Geburt.

Lieber Narrotibi-Leser, ich bedanke mich für deine Treue. Mein Dank auch an alle, dir mir Rückmeldungen gegeben haben, die ich im Jahresverlauf erhalten habe. Ich wünsche dir und uns allen ein wunderschönes Weihnachtsfest und einen erfolgreiches und gesundes Jahr 2017.

Interessante Links zum Thema

Download: Astronomiesoftware Stellarium

Youtube: Star of Bethlehem simulation

 

Hast du Fragen zum Thema, dann schreibe sie einfach unten in die Kommentare. 

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

%d Bloggern gefällt das: